Schnarchen und Schlafmedizin

Schlaf und seine (medizinische) Bedeutung

Nahezu alle Lebewesen weisen Zeichen des Schlafes auf. Der Mensch verbringt etwa 25 Jahre seines Lebens im Schlaf. Die evolutionäre Bedeutung des Schlafes für Menschen und Tiere ist nicht geklärt. Der Schlaf dient primär nicht der Reproduktion, der Nahrungsaufnahme oder dem Schutz der Nachkommen. Aus den Gegebenheiten des Überlebenskampfes in der Natur sind ein eingeschränktes Bewußtsein und eine stark reduzierte Aufmerksamkeit während des Schlafes nicht ungefährlich. Es muss also ein sehr wichtiger Grund vorliegen, dass „die Natur“ bzw. die Lebewesen das Risiko des Schlafens eingehen.  Schlaf als solcher ist weiterhin ein evolutionäres Geheimnis.  Die Erkenntnisse über den Schlaf sind durch die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten in den letzten 15 Jahren deutlich angewachsenen, insbesondere auf dem Gebiet der schlafbezogenen Atmungsstörungen (z.B. beim sogenannten „Schlafapnoe“).

Zu den Funktionen des Schlafes rechnet man:  die Regulation des Stoffwechsels, die Wundheilung und Geweberegeneration, die Speicherung und den Erhalt der Abrufbarkeit von Informationen, Konsolidierung von Gedächtnisinhalten, neuronale Testabläufe ohne Bewegungen (REM-Schlaf),

 

Die immunologische Bedeutung des Schlafes ist gut belegt, insbesondere die Auswirkungen von Schlafdefizit auf unser Immunsystem. Die Impfantwort, also die Bildung schützender Antikörper nach einer Impfung, ist signifikant schlechter, wenn in der ersten Nacht nach der Impfung nicht ausreichend geschlafen wird.

 

Die Vorstellung, dass der Schlaf nur aus Gründen des Energiesparens erfolgt, ist, mit Ausnahme des Winterschlafes  von manchen Tieren, nicht zu halten. Die im Schlaf eingesparte Energiemenge ist marginal.

 

Schnarchen und Schlafapnoe

Schnarchen ist ein Geräuschphänomen, das in aller Regel während der Einatemphasen im Schlaf auftritt. Nicht jedes Schnarchen ist als krankhaft einzustufen. Die Ursache des Schnarchens ist ein Vibrieren im Bereich der oberen Atemwege, das durch den Luftstrom in der Einatemphase ausgelöst wird. Insbesondere beim Vorliegen einer eingeschränkten Nasenatmung wird der Luftstrom am schlaffen (oder vergrößerten) Gaumensegel ein Schnarchgeräusch erzeugen. Der Übergang zum krankhaften Befund, oft als „gefährliches Schnarchen“ bezeichnet, wird durch eine Verengung des Atemweges im Rachenbereich erzeugt, so dass trotz Bewegung des Brustkorbes nicht ausreichend Luft durch den Rachenbereich strömen kann.

 

Eine Verminderung des Luftflusses auf weniger als 25% des Ausgangswertes durch eine Engstellung der oberen Luftwege im Schlaf wird als „obstruktive Schlafapnoe“ bezeichnet. Im Gegensatz zu den durch Krankheiten des Nervensystems ausgelösten Atempausen sind bei der obstruktiven Schlafapnoe Atemanstrengungen der Atemmuskulatur nachweisbar.

Durch die Einengung der Atemwege, meist im Rachenbereich, wird trotz Aktivität der Atemmuskulatur zu wenig Sauerstoff verfügbar sein. Die Folge ist ein Abfall des Sauerstoffgehalt (O2-Sättigung) im Blut. Zur Vermeidung eines Erstickens wird nun der „Körper aufgeweckt“ und der Muskeltonus im Rachen stabilisiert. Diese sogenannten „Arousals“ (Weckreaktionen) werden zum Auftanken mit  Sauerstoff genutzt. Sie haben auf den Schlaf immer eine unterbrechende Wirkung. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Schlafende durch die Arousals ein leichteres Schlafstadium erreicht und nicht bis zum Wachzustand „erweckt“ wird. Gerade in diesem Fall ist die nächtliche Schlafunterbrechung „unbewußt“ und am Folgetag meist nicht erinnerlich. Der Vorgang kann sich beim obstruktiven Schlafapnoe durch die Nacht hindurch wiederholen und auf diese Weise die natürliche, erholsame Schlafarchitektur zerstören.  Die Symptomatik hängt ab von der Dauer und der Häufigkeit der Atempausen sowie dem Ausmaß der Sauerstoffentsättigung.

 

Begünstigende Faktoren des obstruktiven Schlafapnoe sind ein vorbestehendes Schnarchen, ein reduzierter Muskeltonus im Rachen (z.B. nach Alkoholgenuss oder unter Medikamenten) und ein hoher negativer Einatmungsdruck (Unterdruck), welcher durch Veränderungen der oberen Atemwege erklärt werden kann: z.B. Verkrümmung der Nasenscheidenwand, Vergrößerung der Nasenmuscheln oder Gaumenmandeln, Rücklage des Unterkiefers usw.

 

Obstruktive Schlafapnoe und schlafbezogene Atemstörung

Folgende nächtliche Symptome können Hinweis auf das Vorliegen eines obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms geben:

unruhiger Schlaf, Durchschlafstörung, Tagesmüdigkeit, nicht erholsamer Schlaf, Aufweckphasen mit Luftnotgefühl, nächtliches Herzrasen oder Schwitzen, Schwindelgefühl, vermehrter Harndrang

Daraus können sich unter anderem folgende Symptome ergeben:

morgendliche Müdigkeit oder Kopfschmerzen, morgendliche Mund- u. Rachentrockenheit oder Halsschmerzen, Tagesmüdigkeit, betonte Schläfrigkeit nach dem Mittagessen, Schwierigkeit in monotonen Situationen wach zu bleiben, verminderte Leistungsfähigkeit, Libidoverlust oder Impotenz, depressive Verstimmungen.

 

Diagnostik der Schlafstörung

Am Anfang der Diagnostik in unserer Praxis steht eine Untersuchung der Atemwege mittels Endoskopie zur Beurteilung der anatomischen Verhältnisse und der Schleimhäute, gefolgt von einer Messung des nasalen Atemflusses (Rhinometrie) und einer Lungenfunktion. Im Bedarfsfall wird eine allergische Disposition mittels Prick-Test und RAST (Nachweis von spezifischen IgE-Antikörpern) untersucht.

Die Polysomnographie (PSG) ist das Hauptinstrument zur Abklärung von Schlafstörungen. Die PSG erfaßt eine Vielzahl von Parametern: Schlafstadien, Körperlage, Atemfluss via Mund und Nase, Sauerstoffsättigung (Pulsoximetrie), Elektrokardiogramm, akustische Registrierung des Schnarchens, Atembewegungen von Brustkorb und Bauch sowie Sensoren  für Beinbewegungen im Schlaf.

Die verfügbaren Systeme zur Aufzeichnung dieser Parameter sind klein und für den Patienten einfach zu bedienen. Diese Messungen können sowohl im häuslichen wie auch im klinisch-stationären Bereich durchgeführt werden. Der Vorteil der „häuslichen“ Messung liegt im Erhalt der gewohnten Schlafatmosphäre. Die Messung ist somit „repräsentativer“ und nicht durch die ungewohnte Umgebung der Klinik beeinflusst. Die Bedienung des PSG-Gerätes ist für den Patienten sehr leicht, und er kann die Sensoren bequem zuhause vor dem Schlafengehen anbringen. In der Regel werden zwei aufeinander folgende Nächte gemessen. Dies erhöht die Sicherheit der Auswertung.

Die medizinische Beurteilung des Schlafes bezieht sich einerseits auf Parameter wie Einschlaffähigkeit, nächtliches Schlafvermögen sowie qualitative Zusammensetzung des Nachtschlafes einschließlich der zyklischen Schlafstadien und anderseits auf die Atemphysiologie (Sauerstoffversorgung) und eventuell auftretender Weckreaktionen (sog. Arousals).

 

Therapie

Da die Ursachen des obstruktiven Schlafapnoe meist multifaktoriell sind, müssen die zu wählenden Therapien auch entsprechend mehrschichtig erfolgen.

Die diagnostische Abgrenzung des „quasi harmlosen“ Schnarchens von den Schlafapnoe-Syndromen mit nächtlichem Sauerstoffabfall ist eine erste Weichenstellung auch hinsichtlich der therapeutischen Optionen.    .....

 

 

Schlafstadien

Vom Wachzustand abzugrenzen sind vier verschiedene Schlafstadien, welche sich anhand der Messung von Hirnströmen (EEG), der Augenaktivität (EOG) und Muskelaktivität (EMG) klassifizieren lassen. Das Schlafstadium N1 beschreibt den Übergang zwischen Wachzustand und Schlafen, eine Art Dösen, das Schlafstadium N2 den stabilen Schlaf und das Schlafstadium N3 den Tiefschlaf. Das Schlafstadium R, der REM-Schlaf (für „rapid eye movement“), wird, wenn auch nicht ganz korrekt, häufig als Traumschlaf oder auch als paradoxer Schlaf bezeichnet. In diesem Schlafstadium wird am intensivsten geträumt. Ein in dieser Phase geweckter Proband kann sich am häufigsten an Trauminhalte erinnern. Weiterhin ist die Weckschwelle trotz hoher EEG-Aktivität, welche ähnlich Stadium N1 oder dem Wachzustand ist, paradoxerweise hier am höchsten. Die Probanden sind in dieser REM-Phase also am schwersten zu wecken. Dieser REM-Schlaf hat etwa einen Anteil von 20-25% des Gesamtschlafes.

Im Laufe einer ungestörten Nacht werden die Schlafstadien in mehreren Zyklen von N1-N3 bis REM-Schlaf durchlaufen. Der REM-Schlaf schließt somit einen Zyklus von ca. 100 Minuten Dauer jeweils ab. Im Laufe der Nacht werden die Tiefschlafphasen kürzer und der REM-Schlaf länger.

 

Die Schlafzeit von Neugeborenen beträgt 14-16 Stunden verteilt auf 4-5 Schlafphasen. Neugeborene verbringen noch etwa 8 Stunden, somit die Hälfte ihres Schlafes, im REM-Schlaf. Dieser hohe Anteil von REM-Schlaf, welcher im Laufe des Lebens auf etwa 1,5 Stunden abnimmt, deutet darauf hin, dass dem REM-Schlaf eine wichtige Funktion in dem Reifeprozess von neuronalen Netzwerken zukommt.  Schulkinder benötigen üblicherweise keine Tagschlafphasen mehr. Es liegt nur eine einzige Nachtschlafphase von 9-11 Stunden vor, wobei der Anteil des REM-Schlafes weniger als 35% beträgt.

 

Schlaferkrankungen

Die „International Classification of Sleep Disorders“ (ICSD) unterscheidet sechs Hauptgruppen der Schlaferkrankungen:

Insomnien (Schlaflosigkeit)

Schlafbezogene Atmungsstörungen (z.B. Schlafapnoe)

Hypersomnien zentralnervösen Ursprungs (Schlafzwang durch Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie Narkolepsie)

Störungen der zirkadianen Rhythmik (wie z.B. Jet Lag)

Parasomnien

Schlafbezogene Bewegungsstörungen  (z.B. Zähneknirrschen Bruxismus)

 

 

 

 

 

Schlafapnoe bei Kindern

 

Das Thema ‚Schnarchen und Schlafapnoe’ bei Kindern wir von Elternseite bislang unterschätzt oder wenig beachtet. Die Universitätsklinik in Stanford (USA) stellte in einer Untersuchung fest, dass etwa 10% der Kinder im Alter unter 10 Jahren schnarchen. Von diesen leiden wiederum etwa 20% an einem sog. obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom.

 

Schlafapnoe ist wie bei Erwachsenen auch ein Zeichen für die Unterbrechung der Atemfunktion und damit ein Hinweis für eine mögliche Unterversorgung Ihres Kindes mit Sauerstoff.  Schnarchen kann ein Symptom von Schlafapnoe sein. Es zeigt an, dass die Atemwege des Kindes teilweise verlegt sind.

 

Es gibt vielfältige Ursachen für ein Schlafapnoe-Syndrom. Vergrößerte Adenoide (syn. „vergrößerte Polypen“) oder vergrößerte Mandeln sind eine der häufigsten Ursachen für Schlafapnoe bei Kindern. Es gibt eine Reihe von wirksamen Therapien für Schlafapnoe bei Kindern.

 

Schlafapnoe bei Kindern ist ein ernst zu nehmender Zustand, welcher einen normalen (erholsamen) Nachtschlaf verhindern, das Wachstum stören und die Lebensqualität beeinträchtigen kann.  Schlafapnoe kann eine Tagesmüdigkeit erzeugen, welche oft mit einem Aufmerksamkeit-Defizit-Syndrom verwechselt wird.

 

Beobachten Sie Ihr Kind beim Nachtschlaf, und achten Sie auf Unruhe, Mundatmung, Schnarchen oder Atempausen.

 

Suchen Sie uns auf, wenn Sie bereits eine der folgenden Fragen mit „Ja“ beantworten können:

 

  • Schnarcht Ihr Kind ?
  • Beobachten Sie bei Ihrem Kind Atempausen?
  • Beobachten Sie bei Ihrem Kind häufig eine Mundatmung?
  • Schläft Ihr Kind durch oder gibt es Schlafunterbrechungen?
  • Leidet Ihr Kind häufiger an Bettnässen?
  • Ist Ihr Kind tagsüber irritierbar oder gereizt?
  • Bestehen bei Ihrem Kind Konzentrationsstörungen?
  • Leidet Ihr Kind öfters an Kopfschmerzen, insbesondere morgens?

 

Als HNO-Ärzte mit langjähriger Erfahrung in der Schlafmedizin können wir Ihnen beantworten, ob bei Ihrem Kind ein Risiko für Schlafapnoe besteht und ggf. die therapeutischen Optionen aufzeigen.